Future of Energy in Europe

Der Energiewandel ist die beste Verteidigung gegen die Energiekriege von Nord Stream 2

Es ist kein Geheimnis, dass sich US-Präsident Donald Trump gerne in die Außenpolitik einmischt – vor allem, wenn es darum geht, amerikanische Interessen zu schützen und sie in der Welt durchzusetzen. Aber selbst vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, wie offen er derzeit den Krieg um die Energieversorgung mit fossilen Brennstoffen führt.

Bei der Weiterführung von Nord Stream 2, einer zusätzlichen Pipeline durch die Ostsee, die russisches Gas direkt nach Deutschland liefert, argumentiert Trump, dass Deutschland einen großen Fehler macht und von russischen Gaslieferungen abhängig ist. Sollte Deutschland am Gaspipeline-Projekt festhalten, drohen die USA mit Sanktionen.

Für die USA geht es bei der Ablehnung von Nord Stream 2 nur um eines: Sie will ihr eigenes Gas in Deutschland und im übrigen Europa, das in den USA durch Fracking produziert wird, zu möglichst hohen Preisen verkaufen. Dies wäre angesichts der Konkurrenz durch Nord Stream 2 natürlich viel schwieriger. Denn das vergleichsweise teure, durch Fracking produzierte Gas kann kaum mit Gas anderer Anbieter konkurrieren – zumal Deutschland indirekt Umweltschäden importieren würde, wenn es das durch Fracking gewonnene Gas aus den USA beziehen würde.

Der Bau von Nord Stream 2 ist in der Tat fragwürdig und unnötig – wenn auch aus anderen Gründen. Deutschland importiert rund ein Drittel seiner Gasimporte aus Russland und wird diesen Anteil durch den Bau der zusätzlichen Gasleitung weiter erhöhen. Auch bei der Gasbeschaffung wird Deutschland durch die mit dem Bau verbundenen Verpflichtungen, in den kommenden Jahrzehnten Gas über die Pipeline zu importieren, an Flexibilität verlieren.

Darüber hinaus ist Nord Stream 2 im Hinblick auf die Energie- und Betriebsführung unnötig und, was noch schlimmer ist, schädlich für die Umwelt. Darüber hinaus ist die Pipeline politisch sensibel. Schon der erste Strang war sehr teuer und wird in vielen Bereichen nicht vollständig genutzt. Es gibt zahlreiche andere Transportwege, die genutzt werden können, wie z.B. Pipelines durch Polen.

Auch verflüssigtes Erdgas (LNG) gewinnt zunehmend an Bedeutung. Entgegen den Prognosen der Befürworter der Pipeline gäbe es ohne sie keine “Gaslücke”, im Gegenteil. Auf dem internationalen Markt herrscht derzeit ein Überangebot an Gas, auch ausgelöst durch das bereits erwähnte US-Fracking-Gas. Viele Länder, auch die europäischen, diversifizieren ihre Gasimporte, vor allem durch Flüssiggas, das flexibel per Schiff transportiert werden kann.

Nur Deutschland hat bisher auf den Bau eines LNG-Terminals verzichtet und sich stattdessen für den Ausbau der Nord Stream-Pipeline entschieden. Dies ist eine teure Strategie und wird die Verbraucherpreise in die Höhe treiben – auch wenn die Betreiber der Pipeline natürlich das Gegenteil behaupten. Der Gasbedarf Europas wird sinken, da die Erfüllung der Pariser Klimaziele eine vollständige Dekarbonisierung der Wirtschaft – und damit auch der Energiewirtschaft – bedeutet. Nach dem Ausstieg aus der Kohle wird das Gas aus dem Verkehr gezogen.

Es stimmt, dass Gas während der Übergangszeit sowohl bei der Stromerzeugung als auch bei der Wärmeerzeugung und als Brennstoff eine Rolle in der Mobilität spielen wird. Mehr und mehr wird jedoch Gas durch klimaneutrale Energien ersetzt. Erdgas steht bereits heute im Wettbewerb mit erneuerbaren Energien. Erneuerbare Energien werden immer billiger, und ihr Anteil am Energiemix wird weiter steigen.

Nord Stream 2 wird die Marktflexibilität verringern und die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland erhöhen, und für Jahrzehnte wird es an vergleichsweise teure Gasimporte gebunden sein. Dies steht im Einklang mit den Zielen der Europäischen Energieunion. Im Rahmen der Energieunion hat sich die EU zum Ziel gesetzt, den Anteil der russischen Gaslieferungen zu verringern und sich auf mehr Flexibilität und Flüssiggas zu konzentrieren.

Der Bau einer solchen Pipeline wird den Übergang zu erneuerbaren Energien behindern und die Verbraucher teuer zu stehen kommen. Ein solcher aufwendiger Rohrleitungsbau zahlt sich nur aus, wenn er über viele Jahrzehnte ausgelastet ist und das Gas zu hohen Preisen verkauft wird.

Es gibt noch viele andere Pipelines, die auch zur Deckung des rückläufigen Gasbedarfs Europas genutzt werden können. Deutschland täte gut daran, den Energiewendeprozess zu beschleunigen, indem es die heimische Erzeugung erneuerbarer Energien ausbaut und gemeinsam in Europa und der Ukraine mehr Energie einspart, anstatt unverhältnismäßige Pipelineprojekte zu unterstützen.

Der beste Puffer gegen die Kriege um fossile Energien, egal wer sie auslöst, ist die konsequente Umsetzung des Übergangs zu erneuerbaren Energien.

Von Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und Professorin für Energie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin.